Heiraten im Spieker
Dülmen- Buldern. Der Spieker in Buldern sei geradezu ein Symbol für Liebe und Beständigkeit und biete sich auch von daher als Ort für Trauungen förmlich an. Doch nicht nur das. Seine zentrale Lage im Mittelpunkt des Kreises an der an der Strecke zwischen Hamburg und Essen mache ihn für Bahnfahrer gut erreichbar und die kostenlosen Parkplätze vor der Tür auch für Autobesitzer attraktiv. Herbert Fink von der Ortsgemeinschaft hatte sich so seine Gedanken gemacht, als das alte Fachwerkgebäude mitten im Dorf als neue "Zweigstelle" des Standesamtes vorgestellt wurde.
Mit seinen 250 Jahren hätte der Spieker schon fünfmal die Zeit für eine Goldhochzeit erreicht. Nun, gelegentlich knarre es im Gebälk, fand Herbert Fink einen Vergleich zur Ehe, doch der alte Spieker habe, wie das auch von einer guten Ehe zu erwarten sei, alle Stürme überstanden, ohne auseinander zu brechen. Das (Herd-) Feuer schließlich sei die Seele, und wie die Liebe müsse es ge- und behütet, beobachtet und regelmäßig nachgelegt werden. Schließlich hätten die traditionsbewussten Junggesellen im Ort den Vorplatz schon häufig zum Fegen benutzt, und künftig dürften sie hernach ja auch über die Schwelle schreiten. Dass gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite das für kirchliche Trauungen zuständige Gotteshaus liegt, könnte für den einen oder die andere ebenfalls ein Argument sein.
Als weitere Vorzüge nannte Herbert Fink die Möglichkeit, den bei vielen beliebten Kranz über die Spieker-Tür zu hängen, etwa mit der Kutsche vorzufahren oder sich ein Ständchen des Gesangvereins zu wünschen. Die Ortsgemeinschaft, verriet Herbert Fink, macht´s möglich
Arm in Arm mit den in historischen Landfrauen-Trachten gehüllten Bäuerinnen Margret Balster und Hildegard Fasselt bot der schelmische Wortkünstler ein prächtiges Bild. Er hatte sich nach alter ländlicher Tradition als Hochzeitsbitter gekleidet. Diese Herren fuhren früher meist mit einem bunt geschmückten Fahrrad über Land und sprachen plattdeutsch und in Versform die Einladung zur Hochzeit aus. Mit schwerer Zunge waren sie oft tagelang unterwegs, wenn sie von Hof zu Hof und dabei mehr und mehr aus dem Gleichgewicht gerieten. Denn die Eingeladenen, das gehörte zum Brauch, bedankten sich beim Gästebitter mit dem einen und anderen guten Schluck.
Herbert Fink, pensionierter Postbeamter und schon immer Hobby-Humorist in Buldern, hat noch immer den Schalk im Nacken und das Herz auf der flotten Zunge. Mit unüberhörbarer Liebe zum platt- und hochdeutschen Wortdetail gab er eigene Erinnerungen an die guten alten (Hoch-) Zeiten zum Besten und sorgte für viel Heiterkeit: "...und darauf einen Drink, herzlichst Ihr Herbert Fink!"
Trauungen im Spieker in Buldern (Dülmener Zeitung vom 13.02.2003)
Dülmen-Buldern. Die Nähe zum morgigen Valentins -Tag war natürlich nicht rein zufällig, als die Stadt heute in Buldern das neue Angebot des Standesamtes vorstellte: Ab sofort sind auch im Ortsteil Buldern Trauungen möglich – und zwar im historischen Ambiente des rund 250 Jahre alten Spiekers, der seit 25 Jahren als beliebter Bürgertreff in der Mitte des Dorfes weit mehr als ein Schmuckstück ist. Eine Bürgerinitiative hatte das alte Fachwerk-Gebäude von einem Bauernhof in Senden nach Buldern geholt und hier wieder aufgebaut. Und in Zukunft können sich im behaglichen Gemäuer Verlobte das Ja-Wort geben.
Der Bürgermeister und die zuständige Dezernentin, die Riege der Standesbeamten mit Rolf Becker, Martha Lütke Uhlenbrock und Mechthild Heilken sowie die Ortsgemeinschaft Buldern waren am Vormittag an einer Pressekonferenz "vor Ort" beteiligt. Bürgermeister Jan Dirk Püttmann sprach von bewährten Strukturen in den Ortsteilen und kündigte an, dass trotz aller Sparzwänge z.B. die Bürgerbüros in Buldern und Rorup bleiben sollten. Es sei stets ein Bestreben der Stadt gewesen, das gesellschaftliche Leben in den Ortsteilen und die Verbundenheit der Einwohner mit Ihren Wohnorten zu fördern. Und dabei sei wiederholt auch die Möglichkeit diskutiert worden, dort Trauungen vorzunehmen.
Doch die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten als Voraussetzung für den von Gesetz wegen verlangten "würdigen Rahmen" erwies sich als schwierig. Bis Hubert Balster, der in Buldern wohnt und Beamter bei der Stadt ist, den Spieker ins Gespräch brachte. Und dann, berichtete die Dezernentin Christa Krollzig, sei alles sehr schnell gegangen. Die Verwaltung sei froh darüber, dass die Ortsgemeinschaft Buldern sofort bereit war hierbei mitzuwirken und den Spieker zur Durchführung von Trauungen zur Verfügung zu stellen. "Damit können wir, insbesondere für interessierte Paare aus dem Ortsteil Buldern, den Weg zum Standesamt ein gutes Stück kürzer machen!"
Reinhard Homann erklärte als Vorsitzender, dass die Ortsgemeinschaft Buldern hierin ein gutes Angebot für die Bulderner Bevölkerung sehe. Die letzte Trauung in Buldern habe es 1974 gegeben, kurz vor Inkrafttreten der kommunalen Neuordnung am 1. Januar 1975. Auch die Ortsvorsteherin Edith Eiersbrock begrüßte dieses neue Angebot für "ihren" Ortsteil. Ihrem Amtsvorgänger Hans Hegemann, der nun im Ehrenamt stellvertretender Bürgermeister ist, war gar zumute, als bekomme Buldern damit ein Stück der früheren Selbständigkeit zurück. Denn dass (auch) Buldern seinerzeit die kommunale Selbstverwaltung aufgeben mußte und Ortsteil von Dülmen wurde, haben viele als schmerzhaft empfunden und darauf teils trotzig reagiert: "Lieber zu Fuß nach Münster als mit dem Zug nach Dülmen...."
Doch das ist längst Geschichte. Die Bulderner und Bulderaner fühlen sich in Dülmen gut aufgehoben, und dass sie jetzt wieder vor Ort heiraten können, "das freut uns doch sehr und wir sagen herzlichen Dank", erklärte Hans Hegemann. Er glaubt, dass nicht nur die "eigenen Leute" dieses Angebot nutzen werden. Der Standesbeamte Rolf Becker hatte aus dem städtischen Archiv ein altes Original-Schild mit der Aufschrift Standesamt mitgebracht, das Reinhard Homann an geeigneter Stelle im oder am Spieker anbringen will. Nicht ausgeschlossen, dass dieses Schild sogar aus Buldern stammt.
Richtig zünftig wurde es dann, als Herbert Fink sich passend gekleidet in der Rolle eines Gästebitters zu Wort meldete, wie diese früher im Auftrag der Brauleute von Hof zu Hof zogen, um Verwandte und Freunde zur Hochzeit einzuladen; was meist mit erheblichem Genuss von Schnaps verbunden war, weswegen sich Herbert Fink – buchstäblich zur (Unter-) Stützung – Hildegart Fasselt und Margret Balster zur Seite gestellt hatte, in ihren alten Landfrauentrachten ebenfalls fein herausgeputzt. Überhaupt wusste der fröhliche Wort- und Erzählkünstler Herbert Fink sehr zum Vergnügen seiner Zuhörer noch so einiges von alten Hochzeitsbräuchen zu berichten.
Was die künftigen Trauungen in Buldern angeht: Als Termin wird allen Interessenten der letzte Freitag im Monat, jeweils von 13.00 bis 15.00 Uhr, angeboten. Erste Möglichkeit dieses Angebot wahrzunehmen ist somit der 28.02.2003. Darüber hinaus sind andere Termine nach Vereinbarung und in Absprache mit der Ortsgemeinschaft grundsätzlich möglich.
Leider kann die Trauung im Spieker Buldern nicht zum Nulltarif angeboten werden. Das Personenstandsgesetz gibt hierzu genaue Regeln vor. Danach sind Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Standesbeamten zu erheben.
Auslagen sind hierbei neben den der Stadt entstehenden Sachkosten (u.a. Fahrtkosten), die Sachkosten der Ortsgemeinschaft für den Spieker, die dieser von der Stadt erstattet werden.
Darüber hinaus sieht der Gesetzgeber eine besondere Gebühr für "die Vornahme der Eheschließung außerhalb der üblichen Öffnungszeiten des Standesamtes vor. Diese Gebühr wird im übrigen auch bei entsprechenden Trauungen im Rathaus fällig und beläuft sich auf 55 Euro.
Insgesamt schlagen damit leider 150 Euro an Mehrkosten für Paare zubuche, die in Buldern die Ehe eingehen bzw. eine Lebenspartnerschaft begründen wollen. Aber, wie lautet doch gleich noch ein altes plattdeutsches Sprichwort: "Watt nix kost, datt is auk nix!"
Für weitere Fragen und Informationen steht Ihnen das Standesamt der Stadt Dülmen zur Verfügung.