Geschichte der Bauerschaft Hangenau
Die Bauerschaft Hangenau ist nur ca. 135 Jahre jünger als der Ort Buldern. Sie wurde erstmalig unter dem Namen Hanguni erwähnt, der im Zusammenhang mit der Errichtung des geplanten Appelhülsener Kirchsprengels (= alte Bezeichnung für Bistum / Diözese) 1022-23 überliefert wurde.
Koordinaten: Breitengrad 51° 52' 0" Nord, Längengrad 7° 24' 0" Ost -
Der Name Hangenau soll seinen Ursprung in der Landschaftsform haben. Nicht weit von der Hangenauer-Stele, ca. 300 Meter in südlicher Richtung soll sich der höchste Punkt im Hangenau befinden. Davon ausgehend, dass sich der Hangenau in einer Höhe von etwa 80 - 100 Meter über NN befindet, dürfte dieser Punkt demnach ca. 100 Meter über NN liegen. An dieser Stelle, wo früher noch Weiden waren, stand eine Windmühle mit der Wasser für das weidende Vieh an die Erdoberfläche gepumpt wurde, was auch dafür spricht das dort der höchste Punkt ist. Von diesem höchsten Punkt aus betrachtet bezeichnete man die Landschaft, die Gefälle nach Süden hat, als hängende Auen, was zum Namen Hangenau führt.
Die Bauerschaft Hangenau gehört zum Kernmünsterland und liegt im Grenzbereich der Bulderner Platte und der Lüdinghauser Flachmulde. Die Grenze hierzu bildet der Nonnenbach. Dieser trägt wie der Wevel- und der Hagenbach zur Entwässerung bei. Diese Bäche fließen in südliche Richtung, der Stever entgegen. Sie übernehmen auch die Hauptvorflutfunktion künstlich angelegter Gräben.
Ansonsten wird der Hangenau von den Nachbargemeinden Buldern im Westen, Appelhülsen im Nordosten und Senden im Südosten eingegrenzt. Im Nordwesten schließt das Gebiet an Ausläufer der bewaldeten Baumberge, und im Osten an das flache Waldgebiet der Davert an.
Für die Besiedlung des zentralen Münsterlandes und damit auch des Hangenauer Raumes ist die etwa 600 n. Chr. beginnende Landnahme der Sachsen von grundlegender Bedeutung. Diese drangen aus dem Norden im 6.-7. Jahrhundert in das durch die Westwanderung der Franken entstandene Machtvakuum. Zu diesem Zeitpunkt dürften die ältesten nachweisbaren Ackerflächen des Hangenaus bereits unter dem Pflug gestanden haben.
Die frühen Landnehmer bevorzugten leichtere Böden, von denen es in der Bauerschaft nicht viele gab. Im Hangenau dürften die frühen Siedler die als Esch (z. B. von Althaus) oder Geist (z. B. von Potthoff oder Schwersmann) bezeichneten Flure, mit der Bodenqualität des lehmigen Sandes, zuerst bestellt haben.
Im 10./11. Jahrhundert war die Besiedlung des Raumes abgeschlossen. Es gab kein Land mehr, das völlig herrenlos war, und somit war auch keine Neugründung von Bauernhöfen mehr möglich. Allerdings blieb eine Umschichtung von bestehendem Kulturland, wie der Aufstieg von landlosen Kotten zu Bauernhöfen von durchschnittlicher Größe, nicht ausgeschlossen. Aber durch die Teilung eines Stammhofes, entstanden auch wieder neue Höfe. Sie bekamen die Vorsilben "Grote", "Lüttke", "Alte" oder "Nie". Dadurch entstanden neue Erwerbstellen für die abgeheirateten Kinder oder Geschwister. In der Bauerschaft Hangenau sind hier die Höfe Große bzw. Grote und Kleine bzw. Lütke Gorgemann (heute Potthoff), sowie die Höfe Große (Grote) und Kleine (Lütke) Hüls zu nennen.
Neben den zu Gehöftgruppen oder -reihen gehörenden Bauern gab es im Hangenau auch Einzelhöfe, so z. B. Welsmann (Lürmann > Schemberg > seit diesem Jahr Riddermann), Riddermann (heute Schmiemann), Wahlkamp (wie heute Willi W.), Dange (heute Kurtz), Herdemann (heute Große Verspohl), Hagemann (wie heute Heinz H.), Besemann (heute J. Hagemann). Hierzu zählt auch der bedeutendste und gleichzeitig älteste Bauernhof – Buschmann –. In Aufbau und Anlage entspricht er mehr dem für Schulzenhöfe typischem Bild. Sie liegen im Münsterland häufig abseits der Höfegruppen, in Auenlagen von einer Gräfte umgeben.
1498/99 hatte Buldern (inkl. Bauerschaften) 221 Einwohner mit 66 Haushalten. Für die Willkommschatzung (= Kopfsteuer - Erhebung) ist die Vorgehensweise im Folgenden für den Hangenau rekonstruiert. Dies ermöglicht, anhand der mittelalterlichen Hofnamen die Wege und die zwischen den bekannten Gehöften gelegenen Wüstungen (= aufgegebene Höfe) wiederzufinden oder zumindest einzugrenzen.
Der Amtmann oder Kleriker hatte den Auftrag, alle Personen über 12 Jahre aufzulisten. Er begann bei dem bedeutendsten Bauern Buschmann und gelangte anschließend über die damaligen Wege zum südlich gelegenen Hof Große Volksbeck (heute Große Hülsewiesche). Sein weiterer Weg führte ihn an den Höfen Kortmann (heute P. Wahlkamp) und Lütke Volksbeck (wie heute) vorbei zu Walbersmann (heute Horstrup). Er nutzte dazu die interne Erschließung von Südwest nach Nordost der Bauerschaft, die der Volksmund seit der Mitte unseres Jahrhunderts "Schwiegermutterstraße" nennt. Die jetzige L 551 (ehemalige B 51), also die Straße zwischen Dülmen und Münster, lässt sich anhand der Wegerekonstruktion 1498/99 nicht nachweisen. Es ist wahrscheinlich, dass der Verlauf der alten Landstraße vor der napoleonischen Begradigung in weiten Zügen eben dieser heutigen Schwiegermutterstraße entsprach. Den als nächstes am Weg liegenden Hof Althaus (wie heute) nahm der Zähler 1498 noch nicht auf. Erst im folgenden Jahr erwähnt er ihn. Entweder hatte er ihn zuvor vergessen oder er wurde erst 1499 schatzungspflichtig. Den Hof Robersmann (heute Tücking) nennen beide Schatzungen wieder. Anschließend ging der Zähler von Schwersmann (wie heute) zu den Wüstungen des 19. Jahrhunderts: Schmiemann (heute Kortmann) und Öding (heute Reher). Es folgte das Gehöft des Bauern Bertels (heute Lückmann). Der heute vom Hof führende Feldweg muss ein weiterer Teil der Landstraße nach Appelhülsen gewesen sein. Der Zähler wandte sich nicht weiter nach Appelhülsen, sondern er ging von Bertels (heute Lückmann) aus zur Süderschließung des Hangenaus. Heute ist das die Hangenauer Straße. Ihre jetzige Wegführung erhielt sie aber erst 1909.
Im Anschluss daran suchte er den Mitte des 17. Jahrhunderts wüst gewordenen Hof Eg(g)emann (???) auf. Er ist nur noch unter dem Flurnamen "Eggen" am Ende des 15. Jahrhunderts wiederzufinden. Von der anschließend aufgesuchten Wasserburg Giesking (zur damaligen Zeit Wasserburg) kehrte der Zähler auf die Nord-Süd-Erschließung des Hangenaus zurück. Von ihr aus gelangte er zu den Höfen Große Gorgemann (wie heute) und Welsmann (Lürmann > Schemberg > seit diesem Jahr Riddermann). Da Thiemann (wie heute) als nächstes folgte, wird sich sein Hofplatz 1498/99 bereits im östlichen Hangenau befunden haben.
Nachdem er die vier Personen auf Thiemann (wie heute) aufgenommen hatte, ging der Zähler zu den südlichen Hofstellen. Diese befanden sich an der heutigen Landstraße von Buldern nach Senden. Nach der Reihenfolge der Willkomm-schatzung lag zwischen Wahlkamp (wie heute) und Hertok (Wigger > Poppe) eine Wüstung des 16. Jahrhunderts, der Hof Wessels (???). In Richtung Senden folgte der Ganzerbe Riddermann (heute Schmiemann). Der südöstlich stehende Hof Besemann (heute J. Hagemann) wurde als nächstes eingetragen, anschließend sein Nachbar Hagemann (wie heute). Von hier aus führte den Zähler eine interne Westerschließung zum Gehöft Dange (heute Kurtz). Damit waren die gesamten Hofstellen 1498/99 erfasst.
Unsere Vorfahren haben früher mehrfach auch von Elend und Not gekennzeichnete Zeiten erlebt. Hier sei beispielhaft die Pest, der Einfall der Niederländer und Spanier sowie der 30 - jährige Krieg genannt. In den Zeiten der Gefahr suchten die Hangenauer Schutz, den sie in der damaligen Wasserburg Haus Giesking fanden. Diese war insoweit Zufluchtsstätte.
Die Bauern waren früher hörig. Sie sind erst im Jahre 1808 von der Leibeigenschaft durch Freiherr von und zum Stein befreit worden, d. h. Ablösung der bäuerlichen Frondienste und Abgabelasten. Im 18. Jahrhundert war der Hangenau fast nur landwirtschaftlich geprägt. Es gab nur einen Müller (Bruns Mühle), eine Gärtnerei (Reher) und eine Schmiede (Stade).
In den Jahren 1812 bis 1824 wurde die heutige L 551 unter Napoleon gebaut und um 1880 wurde die Bahnstrecke von Münster nach Essen durch den Hangenau geführt.
Mit der Gebietsreform 1975 verschwand die natürliche Grenze, der Nonnenbach und seit dem ist die Hangenauer Straße die Grenze zwischen Dülmen und Nottuln geworden. Die Hangenauer-Stele befindet sich somit auf Nottulner Gebiet. Hier verkehren seit dieser Zeit zwei Postautos und zwei Müllwagen.
Mittlerweile hat auch in der Landwirtschaft ein Strukturwandel stattgefunden. Die Betriebe spezialisieren sich (Milchviehhaltung, Schweinemast, Sauenhaltung etc.) und vor allen Dingen wachsen die Betriebe, denn ein Bauernhof, wie er früher war, reicht heute nicht mehr aus, um eine Familie zu ernähren. Es gibt noch wenige, die Landwirtschaft im Nebenerwerb betreiben und hauptberuflich anderweitig ihren Lebensunterhalt verdienen. Einige gehen heute auch bereits anderen Berufen nach und haben die Landwirtschaft aufgegeben sowie die Ländereien verpachtet.
Was noch erwähnenswert ist, dass bei Hochzeiten noch nach alten Traditionen gefeiert wird. Eine richtige Hochzeit geht wenigstens über eine Woche:
Georg Jupe
Hangenau 33
48249 Dülmen-Buldern
Telefon: 02590/1699