Bahnhof
Audioversion
„Endlich wieder in meinem schönen Buldern angekommen. Sie flanieren hier so schön und schauen etwas neugierig aus. Wissen Sie warum Buldern diesen Haltepunkt hat? Ich höchstpersönlich bin der Grund dafür. Ich verweilte oft in Münster und die Bahnlinie von dort ins Ruhrgebiet hielt nur an Hauptknotenpunkten, somit erst wieder in Dülmen.
Das war mir zu weit weg von Buldern. Erst hier vorbeifahren? Direkt aussteigen ist doch viel praktischer. Wenn wir uns also Buldern näherten, zog ich einfach jedes Mal die Notbremse im Zug. Dem Schaffner drückte ich immer die Strafe in die Hand und verabschiedete mich mit den Worten "Mal sehen wer, dass länger durchsteht, der Fiskus oder ich."
Viele Bürger fragten mich, wann ich wieder die Notbremse ziehe, dann könnten auch sie sich den Weg von Dülmen nach Buldern sparen und direkt aussteigen. Nun eines Tages drohte ein Unheil. Da mich ein wichtiges menschliches Bedürfnis plagte, zog ich in Buldern die Notbremse. Nach dem erfolgreichen kleinen Geschäft begab ich mich wieder zurück in den Zug und setzte die Fahrt bis zum offiziellen Haltepunkt Dülmen, ordnungsgemäß fort.
Bald hatte die Bahn ein Einsehen und eröffnete hier die kleinste Bahnstation im Münsterland. Denken Sie also an mich, wenn Sie hier in den Zug steigen, auch wenn es leider nur eine Legende ist. Eine Legende, die allerdings so verwurzelt ist, dass sie sogar im Internet als historische Wahrheit nachzulesen ist. Selbst die berühmte „Die Sendung mit der Maus“ berichtete über mich und den Bahnhof.
Dabei ist die eigentliche Geschichte genauso interessant: Diese Bahnlinie wurde tatsächlich durch eine französische Initiative als direkte Verbindung von Paris nach Hamburg geplant. Sie ist die kürzeste und wichtigste Verbindung zwischen dem Ruhrgebiet und Hamburg.
Alles begann im Jahr 1868. Hier wurde für die Eisenbahnstrecke über den Verkauf von Grund und Boden verhandelt. Ich war allerdings mit den Grundstückspreisen für mein Land nicht einverstanden, so dass die Regierung mir die Flächen enteignete.
Gegen den festgesetzten Kaufpreis klagte ich erfolgreich und verdoppelt ihn fast. In Puncto Bahnhof schaltete die Eisenbahngesellschaft allerdings auf stur und wollte noch nicht einmal einen Haltepunkt einrichten.
Mir war es recht, so brauchte ich nicht noch mehr Land abgeben. Auch Anträge der Amtsvertretung wurden abgelehnt. Nach der Verstaatlichung der Bahn ergriffen nun Gewerbetreibende aus Buldern und Hiddingsel die Initiative und legten der Regierung in Berlin dar, wie vorteilhaft eine Güterverladestelle für die Region ist.
Selbst Abgeordnete aus Münster sollten Einfluss auf die Entscheidung nehmen. Als Ergebnis dieser "Bürgerinitiative" wurde ab 1881 immerhin versuchsweise eine Haltestelle für den Personenverkehr eingerichtet. Als die Eisenbahndirektion über 10 Jahre später endlich einwilligte, stellte ich 1884 den Grund und Boden für den Bahnhof unentgeltlich zur Verfügung und auch die Kirche trat Boden ab.
Am 15. Oktober 1884 konnte so der Bahnhof Buldern eröffnen. So wie das Gebäude heute vor Ihnen steht, entstand es 1956 mit Stellwerk, Wartehalle, Fahrkartenschalter und Nebenräume, direkt am Güterschuppen von 1878. Das erste von drei Drucktastenstellwerken in Deutschland machte diesen Neubau erforderlich. Diese Gebäudekombination ist einzigartig in Deutschland.
Seit 1998 ist es außer Betrieb, wich modernerer Technik und dient heute als Vereinsheim der „Eisenbahnfreunde-Bahnhof-Buldern“, die es vor dem Verfall für symbolisch 1,00 € gekauft haben und dem heruntergekommenen Gebäude zu neuem Glanz verholfen haben. Aber jetzt muss ich mich beeilen zu meinem Schloss zu kommen. Ich flaniere gerne im Schlosspark, vielleicht begegnen wir uns ja einmal dort wieder.“
Das gesamte Projekt wurde vom NRW-Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz als Leader Projekt für die Region Hohe Mark gefördert.